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AWG-Schüler mischen in der Lokalpolitik mit

Statuen im Münchner Stadtbild sind für manche nur nette Kulisse oder spielen keine große Bedeutung. Wenn man sich aber näher mit deren Bedeutung beschäftigt, steckt man gleich mittendrin in politischen Debatten. Im Rahmen unserer Politischen Woche beschäftigten sich einige 10.-Klässler mit der Neugestaltung des Bismarckbrunnens am Wensauer Platz in Pasing. Damals erarbeiteten sie mit der Grünen-Politikerin Lena Schneck einige Ideen, die sie am 24.6.22 bei der Veranstaltung „Past Statements. Der Pasinger Bismarck-Brunnen in der Diskussion“ mit anderen Teilnehmern diskutieren durften.

Die AWG-Schüler Marlis Babaja und Emil Prange gehörten zu den Gastgebern, die im Pasinger Rathaus mit der interessierten Bevölkerung ihre Ideen diskutierten. Eingeladen hatte das Kulturreferat und der Bezirksausschuss Pasing-Obermenzing.

In den verschiedenen Diskussionsrunden wurde deutlich, dass man den ehemaligen Reichskanzler Bismarck kritischer betrachten muss. Ihn lediglich als Architekten des Kaiserreichs und Begründer der Sozialversicherungen zu sehen, hält einem aufgeklärten politischen Verständnis im 21. Jahrhundert nicht mehr stand. So wird Bismarck auch als Identifikationsfigur der Rechten gesehen, als antidemokratischer Politiker, der sich sicherlich auch nicht frei machen kann von Vorwürfen des Antisemitismus und Rassismus. Als Befürworter der Kolonialbewegung und Gastgeber der berüchtigten Kongokonferenz 1884/85 in Berlin trug er tatkräftig zur imperialistischen Durchdringung des afrikanischen Kontinents bei. Es ist klar, dass eine pluralistische Gesellschaft diese Werte nicht mehr vertreten kann.

Wie also umgehen mit einem Bismarck-Brunnen? Marlis Babaja und Emil Prange entwickelten mit anderen Diskussionsteilenehmern interessante Ideen. So müsste der Wensauer Platz generell schöner gestaltet werden, um überhaupt zum Verweilen einzuladen. Bänke, eine Tischtennisplatte und eine schönere Bepflanzung könnten dazu beitragen. Ein deutlich kritischerer Blick auf Bismarcks Wirken sollte der Bevölkerung durch Informationstafeln oder QR-Codes mitgeteilt werden. Auch bunte Kontrastierungen, die auf die negativen Folgen für den afrikanischen Kontinent hinweisen, wurden diskutiert. Jedenfalls wäre es ein Wunsch, die naive heroische Verehrung zu brechen und stattdessen viel stärker den Blick für kritische Ansätze zu öffnen und sich zu fragen: was bedeutet Bismarck für die heutige deutsche Gesellschaft?

Was aus den Ideen wird, werden wir sehen. Jedenfalls werden die anwesenden Politiker des Bezirksausschusses Pasing-Obermenzing die gesammelten Vorschläge an den Stadtrat übermitteln, der sich dann damit auseinandersetzen wird.

Wir bedanken uns sehr herzlich beim Kulturreferat und dem Bezirksausschuss Pasing-Obermenzing, denen es ein wichtiges Anliegen war, auch die Stimme der Jugend zu hören. Für die Schüler war es eine großartige Gelegenheit, nicht nur im Unterricht theoretisch über Politik zu reden, sondern auch an Gestaltungsprozessen der Lokalpolitik eingebunden zu werden und Politik aktiv mitgestalten zu können.

 

Christoph Humburg