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Katowice 2014

Der noch ganz neue Schüleraustausch zwischen dem Paderewski-Lyceum Katowice und dem AWG, 

der gewissermaßen als Nebenprodukt des Comenius-Projekts der Jahre 2011/13 abgefallen ist, ging in 

diesem Schuljahr in eine zweite Runde. Wieder waren es die AWG-Schüler, die den Anfang machen 

durften und als 12-köpfige Gruppe in Begleitung von Frau Seifert-Lorenz und von Herrn Weiser vom 

17. bis zum 25. Oktober nach Katowice flogen. 

Nach herzlicher Begrüßung durch unsere Gastgeber konnten wir uns dann auf einem sehr 

informativen Rundgang erst einmal ein Bild vom näheren Umfeld machen, der Stadt Katowice selbst: 

polnischer Ruhrpott gewissermaßen. In den folgenden Tagen lernten wir dann auf perfekt 

vorbereiteten Ausflügen die weitere Umgebung und wichtige historische Zusammenhänge kennen: 

Wir besuchten eine riesige, nach ihrer noch nicht lange zurückliegenden Stilllegung in ein 

Museumsbergwerk umgewandelte Kohlenzeche, wir besichtigten die Weltkulturerbestadt Krakau mit 

ihrem Burgberg, dem Wawel, auf dem in Monumenten und Epitaphien die gesamte polnische 

Geschichte präsent ist – von den ersten polnischen Herrschern über die heilige Hedwig, über das 

Erblühen des polnisch-litauischen Großreiches und seinen anschließenden Zerfall, über die 

katholische Tradition mit ihrem Höhepunkt Karol Woitila bis hin zu den allerjüngsten Ereignissen, 

repräsentiert vom mächtigen Sarkophag des einen der Kaczynski-Zwillinge, der ja erst vor kurzem bei 

einem dubiosen Flugzeugabsturz ums Leben gekommenen ist. 

Wir erkundeten das Krakauer Stadtviertel Kazimierz, ein Zentrum der vielhundertjährigen Geschichte 

jüdischen Lebens in Polen, zu internationaler Bekanntheit gelangt als einer der Hauptdrehorte von 

„Schindlers Liste“. In hartem Kontrast dazu konfrontierte uns dann ein Besuch in Auschwitz und 

Birkenau ganz unmittelbar mit dem Unfassbaren des Holocaust. 

Und natürlich gab es parallel zu all diesen Exkursionen interessante Einblicke in den ganz normalen 

Schulalltag – wobei allerdings das Paderewski-Lyceum ist als reine Oberstufen-Einrichtung nicht in 

allem mit dem AWG direkt vergleichbar ist. In vielem geht es – schon rein was Gebäude und 

Ausstattung betrifft – in Polen deutlich weniger komfortabel zu, dafür ist aber die Schul-Identität 

umso beeindruckender: Auf großen Sammeltafeln, die sich in Treppenhaus und Gängen 

aneinanderreihen, sind über Jahrzehnte zurück sämtliche Absolventen mit individuellem Foto präsent 

– nebenbei eine aufschlussreiche Dokumentation der Evolution von Haarmode und Kleidungsstilen. 

Eindrucksvoll ist das Maß an Respekt, das Schüler der Institution selbst und ihren Lehrern 

entgegenbringen, ergänzt durch ein sehr kameradschaftliches Verhältnis zwischen Schülern und 

Lehrkräften. 

Für uns Lehrer war interessant, wie hier manches in den Abläufen ganz anders organisiert ist, etwa die 

grundsätzlich externe Korrektur von Abschlussarbeiten, und wie fast jeder polnische Lehrer darauf 

angewiesen ist, Nebentätigkeiten außerhalb der Schule nachzugehen, um finanziell über die Runden 

zu kommen. 

In den Familien, wo wir alle herzlich aufgenommen und bestens umsorgt wurden, erlebten wir trotz 

globalisierter Jugendkultur mit praktisch unterschiedslosem Kommunikationsverhalten und 

identischen Konsumbedürfnissen einen doch etwas anderen Lebensrhythmus, und wir bemerkten, 

wie Religiöses im polnischen Alltag einen ganz anderen Stellenwert einnimmt als bei uns. 

Und Anfang Juni dann das Ganze andersherum: Nach 17-stündiger Fahrt kletterten unsere Gäste 

etwas zerknittert aus dem Sindbad-Fernbus, um sich – nach kurzer Erholungsphase – München und 

Bayern zeigen zu lassen. Es gab einen Stadtrundgang und einen Besuch der BMW-Fabrikation,

wir machten Ausflüge an den Chiemsee mit seiner Klostertradition und seinem Königsschloss sowie nach 

Nürnberg mit seiner Kaiserburg und seiner Vergangenheit als Freier Reichsstadt, als Schauplatz der 

Nazi-Reichsparteitage und schließlich der Prozesse gegen die Haupt-Kriegsverbrecher. 

Natürlich gab es auch bei diesem Gegenbesuch reichlich Gelegenheit, das Schulleben kennenzulernen, 

und an Wochenende und Feiertag ließen es sich die beteiligten Familien nicht nehmen, noch 

zusätzliche Ausflüge anzubieten, so dass am Ende einmal mehr der Abschied nicht ganz leicht wurde. 

Man sieht: Der relativ neue Polen-Austausch entwickelt sich, insbesondere dank des großen 

Engagements der beteiligten Familien, zu einer recht positiven Sache, und es wäre schön, wenn er 

bald in eine dritte und weitere Runden gehen könnte!

 

Thomas Weiser